Wenn du dich für Pilates interessierst, dann hast du in letzter Zeit bestimmt schon vom neuen Trend, fast schon Hype, gehört: Reformer Pilates. In deutschen Städten sprießen sogenannte Reformer-Studios wie Pilze aus dem Boden. Lifestyle Magazine berichten regelmäßig, dass zahlreiche Stars auf das Reformer-Training schwören, um fit und schlank zu sein. Seit Kurzem verkaufen sogar Discounter dem Gerät ähnelnde Modelle, für ganz wenig Geld und für alle, die das Training zu Hause nachmachen wollen. Aber die wenigsten hinterfragen den neuen Trend. Und kaum eine:r traut sich zu sagen, wie es wirklich ist. In diesem Beitrag erfährst du mehr. Um zu wissen, worauf du wirklich achten solltest, wenn du nach Reformer Pilates Ausschau hältst. Oder du überlegst gar, dir ein solches Gerät für daheim anzuschaffen.

 

Was ist Reformer Pilates?

 

Ob Instagram, TikTok oder Youtube: Durch die sozialen Medien gewinnt der Begriff Reformer Pilates an Bedeutung und entwickelt sich aktuell zu einem neuen Trend, fast schon Hype. Der Begriff Reformer-Pilates ist missverständlich und in meinen Augen total irreführend.

In Wirklichkeit gibt es so etwas wie Reformer Pilates nicht!

Denn dadurch wird Pilates auf nur ein einziges Gerät reduziert. Der Reformer ist eines von vielen Trainingsgeräten im Pilates. Es gibt so viele mehr: Cadillac, Wunda Chair, Ladder Barrel, Arm Chair und weitere Geräte zählen dazu und wurden vor mehr als hundert Jahren durch Joseph Pilates, den Begründer der Pilates-Methode, entwickelt. Ja, man kann sagen, dass der Reformer das Herzstück unter den Geräten ist und auch das bekannteste Pilates-Gerät. Er wurde mitunter als erstes Gerät entwickelt. Fun fact: Beim Prototyp des Reformers orientierte sich Pilates an Krankenhausbetten von Soldaten, die er so umbaute, dass sie als Trainingsgerät dienten. Hierfür hat er Sprungfedern an den Betten angebracht.

Aber es ist und bleibt nur ein Gerät. Und in meinen Augen verdienen die anderen Pilates-Geräte mindestens genauso viel Aufmerksamkeit. Denn in einer Pilates-Stunde trainieren meine Kund:innen idealerweise an allen Studio-Geräten und machen ebenfalls Matten-Übungen.

Wieso? Weil die Pilates-Geräte dir helfen sollen, dein Mattentraining noch besser zu machen. Damit du, egal wo du bist, effektiv und für dich sinnvoll ohne Geräte trainieren kannst. Und das schaffst du, indem du bestimmte, für dich geeignete Übungen zunächst an den verschiedenen Geräten machst. Nicht nur an einem einzigen Gerät.

 

Unterschied zwischen dem Training auf der Matte und am Gerät

 

Pilates ist ein kraftbasiertes Ganzkörpertraining. Auf der Matte trainiert man mit seinem eigenen Körpergewicht. An den Geräten, egal ob am Reformer oder den weiteren Großgeräten, spielen die Sprungfedern die zentrale Rolle. Man trainiert dort die Muskeln gegen den Widerstand der elastischen Federn. Die Intensität des Widerstands kann beispielsweise durch die Einstellung der Federstärke angepasst werden.

Durch die Einstellung der Sprungfedern lässt sich das Training auch an die jeweiligen Bedürfnisse und Schwierigkeitslevel anpassen und individuell gestalten. Und allen voran: Das Training auf dem Reformer, aber auch an anderen Pilates-Geräten, macht den Körper stärker, um dann auf der Matte, mit nur dem eigenen Körpergewicht als Widerstand, besser trainieren zu können. Wenn man die Übungen sauber und präzise ausführt, wird der ganze Körper trainiert. Auch, wenn einzelne Körperpartien bei gewissen Übungen im Fokus stehen (Arme oder Beine). Und das passiert nicht nur auf dem Reformer. Sondern auch an den anderen Geräten und auf der Matte.

Frau trainiert auf dem Reformer

Das Gute an dem Hype

 

Es gibt natürlich auch etwas Gutes an dem Hype. Pilates wird bekannter. Und die Vorteile der Pilates-Methode bekommen so mehr Aufmerksamkeit. Immer mehr Athleten und Profisportler berichten öffentlich, dass sie sich in Form halten und so gute Leistungen in ihrer Sportart erzielen, weil sie regelmäßig Pilates machen. Das ist schön und gut.

 

Die Kehrseite der Medaille

 

Dadurch, dass derzeit so viele neue Studios, explizit Reformer Studios, entstehen, werden händeringend Trainer:innen gesucht, um die hohe Nachfrage zu decken. Die Ausbildungen, die dafür angeboten werden, sind in meinen Augen teilweise viel zu kurz. Denn der Reformer ist ein hochkomplexes Gerät. Eine Wochenendausbildung ist einfach nur ungenügend. Insbesondere, um die Übungen gezielt und gleichzeitig an mehreren Personen auf einmal unterrichten zu können. Denn das steckt hinter den vielen neu entstehenden Reformer Studios: Oft werden Gruppenstunden angeboten, bei denen 15 oder 20 Personen an Reformern trainieren. An Individualität ist hier nicht zu denken. Das sollte einem bewusst sein.

Hier sollte man immer prüfen: Hat das Studio, in das ich gehen möchte, wirklich gut ausgebildete Trainer:innen? Es ist wichtig, mit einem gut ausgebildeten Trainer zu trainieren, um die Übungen korrekt ausführen zu können und um ggf. korrigiert zu werden.

Personen, die Pilates noch nie gemacht haben, sollten außerdem darauf achten, sich zu Beginn nicht zu überfordern. Es gibt Übungen, die zu Recht keine Beginner-Übungen sind. Ein guter Trainer wird die Übungen klug auswählen, so dass sie zur jeweiligen Person und ihren Möglichkeiten passen. Im Idealfall trainiert man an den Geräten am Anfang im Einzel- oder Duett-Training und geht erst später in eine Gruppe. Dann, wenn man ein Gefühl für das Gerät und die Pilates-Methode bekommen hat. Und insbesondere dann, wenn man irgendwelche Beschwerden hat. Gute Trainer:innen werden kein Problem damit haben und dich auch – beispielsweise bei speziellen Beschwerden – an jemand anderen verweisen, wenn sie wissen, dass du woanders besser aufgehoben bist. Eine gute Anlaufstelle, um ein Studio zu begutachten, ist auch der Deutsche Pilates Verband (DPV). Hier werden Studios und Trainer:innen gelistet, die sich explizit für eine Mitgliedschaft qualifizieren müssen.

 

Sollte ich mir einen Reformer für zu Hause kaufen?

 

Mittlerweile werden Reformer für recht wenig Geld verkauft. Natürlich steht eine Industrie dahinter, die Geld machen möchte. In England drängelten sich vor Kurzem zig Menschen an Aldi-Kassen, um einen sehr günstigen Reformer zu erwerben. Was passierte nach nur wenigen Tagen? Zig Menschen drängelten sich wieder an den Kassen, um das gleiche Gerät zurückzugeben. Denn es stellte sich heraus, dass das Gerät nicht wirklich funktionsfähig und sogar nicht sicher genug ist! Man kann also nicht erwarten, dass ein knapp 200 Euro teures Gerät die gleiche Qualität bietet, wie ein 4.000 Euro teurer Reformer.

Und: Auch, wenn manche Übungen recht simpel aussehen und das Training auf dem Reformer auch einfach sehr viel Spaß machen kann, rate ich unbedingt davon ab, sich einen Reformer für zu Hause zu kaufen, um alleine damit zu trainieren. Die Art und Weise, wie man eine Übung ausführt, macht sie zur Pilates-Übung. Und der Reformer als Gerät ist hochkomplex. Man muss genau wissen, wie man trainieren soll, damit die Übungen sicher und richtig ausgeführt werden können. Etwas anderes ist, wenn man schon jahrelang Pilates macht, das Gerät und seinen eigenen Körper sehr gut kennengelernt hat und auch die Methode, was Pilates ist, versteht.

Ich rate auch davon ab, sich von den sozialen Medien zu sehr beeindrucken zu lassen.

Ein und dieselbe Übung wird bei dir, bei mir, und bei jemand anderem, einfach teilweise anders aussehen. Das hat etwas mit der Beschaffenheit und den Möglichkeiten des eigenen Körpers zu tun, mit dem Aufbau der Gelenke, mit der Körpergröße, der Konstitution. Nicht jede Übung ist für jede:n geeignet. Daher ist es umso wichtiger, zunächst unter gut geschulten Augen zu trainieren.

Fazit: Trau dich Dinge zu hinterfragen. Trau dich kritisch zu sein. Es geht hier nicht um einen Lifestyle, dem du blind hinterherjagen musst, damit zu dazugehörst. Es geht um deine Gesundheit und dein Wohlbefinden. Und das ist viel mehr wert als jeder Trend. Denn Trends gehen bekanntlich vorüber. Und deine Gesundheit und dein Wohlbefinden sind das Wichtigste.

PS.: Bereits im Februar durfte ich als Interviewpartnerin ein Interview zum Thema Refromer Pilates geben. Hier findest du den Link zum Beitrag.

 

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